Englische Südküste – Jurassic Coast und Riviera

Gefährlichster Punkt der Südküste – Portland Bill

Wir verlassen Portland um Punkt 10.00h an diesem Morgen, um weiter die Südküste entlangzusegeln. Die Zeit ist genau berechnet, denn wir wollen Portland Bill umrunden.

Laut Revierführer ist das die gefährlichste Stelle im englischen Kanal, noch vor St. Malo und den Kanalinseln. Warum ist das so? Portland Bill ist die südliche Spitze der Insel Portland. Sie reicht auch unter Wasser noch weit ins Meer hinein. An dieser Stelle treffen zwei Strömungen aufeinander und weil das Wasser hier flach wird, bauen sich teilweise heftige Wellen auf. Wenn dann noch starker Wind hinzukommt, wird die Umrundung schwierig. Es gibt eine große Zahl an Wracks, die belegen, dass es hier gefährlich werden kann.

Es gibt zwei Möglichkeiten Portland Bill zu umrunden. Entweder macht man einen sehr großen Bogen und segelt etwa in 7 Meilen (ca. 11 km) Entfernung außen herum, oder man nimmt die innere Passage und bleibt einen Steinwurf weit von der Küste entfernt, um den Wellen zu entgehen. Da heute kaum Wind und dadurch auch kein Seegang vorhergesagt sind, entscheiden wir uns für die innere Passage. Trotzdem ist es wichtig, genau zu dem Zeitpunkt anzukommen, wenn die Strömung gerade schwach ist. Deshalb muss man genau berechnen, wann man seine Fahrt beginnt.

Segelboot steuert auf eine Landspitze mit einem Leuchtturm zu.
Umrundung von Portland Bill

Wir erreichen Portland Bill genau zur richtigen Zeit. Obwohl die Strömung schwach ist, beträgt sie immer noch fast 3 Knoten. Man kann auch gut erkennen, wo die beiden Strömungen aufeinandertreffen. Dort entstehen kleine Wirbel und das Meer wird unruhig. Heute ist das alles nicht bedrohlich, trotzdem sind wir froh, ein so gutes Wetterfenster erwischt zu haben.

Weiter entlang der Südküste – Jurassic Coast und Lyme Regis

Hinter Portland Bill nehmen wir Kurs auf Lyme Regis. Wir folgen der Küste und können trotz schwachem Wind mit einem Kurz hart am Wind die ganze Zeit segeln. Die Südküste ist an dieser Stelle sehr vielseitig und sehenswert. Zuerst folgt man dem Kieselsteinwall von Portland, dann wechseln sich schroffe Steilküsten in unterschiedlichsten Farben mit sanften Hügeln in sattem Grün ab. So wird es niemals langweilig und der Tag vergeht sehr schnell.

Abends erreichen wir Lyme Regis. Der Hafen von Lyme Regis fällt während der Ebbe trocken. Vor dem Hafen gibt es ein paar Schwimmstege für Gäste, die aber nur bis zu einer Länge von 11,50 m genutzt werden sollen. Für längere Boote, wie wir es sind, wurden Bojen in der Bucht von Lyme Regis ausgelegt. Eine davon ist noch frei für uns. Bevor wir festmachen, umfahren wir sie vorsichtig und schauen, wie tief es ist, denn die nächste Ebbe ist wirklich niedrig und die Bojen sind nicht alle in genügend Wassertiefe.

Lyme Regis ist ein idyllischer Küstenort, der durchaus touristisch, aber zurzeit noch nicht überlaufen ist. Es gibt einen kleinen Sandstrand, einen größeren Kiesstrand und an der nahegelegenen Steilküste kann man bei Ebbe nach Fossilien suchen. Wir machen einen Tag Aufenthalt und bekommen Besuch von Freunden. Nach zwei Nächten müssen wir aber aufbrechen, denn der Wind dreht auf Südost und damit wird die Welle direkt in die Bucht laufen. Dann wird der Platz an der Boje sehr ungemütlich.

Fazit: Lyme Regis ist ein sehr schöner Küstenort mit einem kleinen und sehr alten Hafen, der sich auf den Tourismus spezialisiert hat, ohne seinen Charakter zu verlieren. Es gibt Bootstouren und Möglichkeiten zum Wassersport, einen schönen Strand und viele Restaurants. Die Stadt zieht sich den Hang hinauf und der Blick vom Park über die Bucht ist großartig. Für Segler ist die Übernachtung günstig, allerdings sollte man darauf achten, ob Schwell in die Bucht steht.

Von Lyme Regis nach Torquai – die englische Riviera

Für die kommenden Tage sind stärkere Winde vorhergesagt. Wir entschließen uns, nach Torquai zu segeln. Dort gibt es einen geschützten Hafen und der Stadtquai ist viel günstiger als sämtliche Häfen der Umgebung, inklusive der Marina von Torquai, die sich im gleichen Hafenbecken befindet. Dafür sind die sanitären Anlagen eher einfach und es gibt auch sonst keinen Service. Auch Strom muss man extra zahlen, aber wir haben ja Solarstrom und können deshalb darauf verzichten.

Die Gegend um Torbay, also die Bucht von Torquai wird englische Riviera genannt. Tatsächlich fühlt es sich auch ein wenig so an. Das Wasser ist klar und die Küsten felsig, mit kleinen Buchten zum Schwimmen. Agatha Christie stammt hierher und liebte es, in den Buchten zu baden. Es wachsen Palmen an der Promenade und ein Riesenrad lädt zu einer Fahrt ein. Auf dem Wasser tummeln sich Boote und Wassersportler aller Art. Es gibt unzählige Cafés, Eisdielen und Restaurants. Leider gibt es, wie an der Riviera auch eine Küstenstraße und wie an der Riviera donnern hier die Autos entlang.

Zum Glück führt die Straße nur in die eine Richtung entlang der Küste. Die andere Seite ist ruhiger. Hier führt der „south west coast path“ über kleine Pfade die Küste entlang. Er ist insgesamt 630 Meilen (ca. 1.014 km) lang und wahrscheinlich einer der schönsten Wanderwege der Erde. Die wenigen Kilometer, die wir ihm hier gefolgt sind, waren unglaublich. Es gibt auch eine Höhle hier, die man besichtigen kann. Dort fand man den ältesten Nachweis von menschlichem Leben in England.

Fazit: Torquai ist ein quirliger Touristenort mit Mittelmeerfeeling. Wer gern ans Meer möchte, aber nicht auf städtischen Komfort verzichten möchte, findet hier einen interessanten und abwechslungsreichen Urlaubsort an der Südküste Englands. Uns persönlich war es fast schon zu lebhaft, doch gleichzeitig auch mal wieder interessant, so viele Menschen bei ihren Freizeitbeschäftigungen zusehen zu können.

Von Torquai nach Dartmouth – Die Südküste und ihre Flüsse

An einem Tag ohne viel Wind beschließen wir, die wenigen Meilen nach Dartmouth zurückzulegen. Wir hätten besser auch die Strömung mitberücksichtigt, denn sie stand die ganze Zeit gegen uns. So haben wir eine schaukelige und sehr langsame Fahrt unter Motor zurückgelegt, die uns aber schlussendlich doch den Fluss Dart hinauf, bis Dartmouth gebracht hat. Eigentlich wollten wir hier vor Anker gehen, doch da die Batterien jetzt einiges leerer sind als gedacht und wir wegen einer anrollenden Schlechtwetterfront bald weiterwollen, beschließen wir, in einer der Marinas nach einem Liegeplatz zu fragen. Gleich in der ersten Marina, der Darthaven Marina, haben wir Glück. Eigentlich gibt es für Gäste nur Schwimmstege ohne Landzugang und Strom. Man kann aber nachfragen und bekommt dann einen gerade freien Jahresplatz zugeteilt. Wir können also unsere Batterien wieder füllen

Die Darthaven Marina liegt auf der gegenüberliegenden Seite von Dartmouth in Kingswear. Hier ist es deutlich weniger touristisch als in Dartmouth, doch das ist uns gerade recht. Das Highlight ist, dass die Marina direkt am Dampflockbahnhof der Strecke Dartmouth – Paignton liegt und hier tagsüber regelmäßig eine fröhlich pfeifende Dampflok vorbeifährt.

Eine Dampflok macht Mittagspause

Um nach Dartmouth zu gelangen, kann man zwei Fähren benutzen. Die higher und die lower Ferry. Die lower Ferry ist dabei ein Abenteuer für sich, denn hier schiebt ein Arbeitsboot einen an sich antriebslosen Auto- und Personen-Kahn über den Fluss.

Dartmouth ist ein hübscher und sehr alter Ort. Der Dart wurde schon von den Flotten des Mittelalters als Versteck genutzt. Die Burg am Eingang, mit der Möglichkeit eine Kette über den Fluss zu spannen und so die Einfahrt zu schützen ist Zeuge dieser Zeit. Die kleinen Gässchen der Stadt laden heute zum Bummeln ein. Es gibt Künstler und Handwerker, die ihre Werke anbieten.

Fazit: Dartmouth ist eine Reise wert. Sowohl der Ort als auch die Umgebung sind etwas Besonderes. Alles wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen. Hektik hat hier keinen Platz und selbst vor den Gewalten des Meeres ist man hier sehr geschützt. Wir wären gern länger dortgeblieben.

Von Dartmouth nach Plymouth – oder vom Land in die Stadt

Wieder ist schlechtes Wetter angesagt und wir haben einen Termin in Plymouth. Wir wollen mit dem Boot aus dem Wasser und auch der Mast soll runter und das Rigg erneuert werden. Da der Termin in Plymouth für das Kranen feststeht, die Tage bis dahin aber von starkem Südwind beherrscht sind, beschließen wir, den letzten ruhigen Tag zu nutzen und nach Plymouth zu segeln. Auch im Nachgang eine gute Entscheidung, denn das Wetter ist wirklich unangenehm, zurzeit. Andererseits hätte ich gern noch ein oder zwei Zwischenstopps in Salcombe oder dem Fluss Yealm eingelegt. So segeln wir an diesen Zielen einfach vorbei, mit Wind aus achterlichen Richtungen und weit nach außenstehenden Segeln.

Zuerst machen wir in Plymouth an einem freien Schwimmsteg fest, da Wind und Welle aber auffrischen sollen, beschließen wir nach einer Nacht, von dort in eine Marina zu wechseln. Jetzt liegen wir in der Yachhaven Marina und warten auf unseren Termin zum Kranen. Spannenderweise sind heute beim Segel abnehmen Risse entstanden. Also müssen wir die Segel auch noch zum Segelmacher bringen. Trotzdem ist das besser, als wenn diese Schwachstellen erst auf der Biskaya zutage gekommen wären.

Plymouth ist eine Stadt mit allen Versorgungsmöglichkeiten. Obwohl auch hier die Marine stark vertreten ist, gibt es nicht so viel zu erkunden, wie in Portsmouth. Die Zitadelle z.B. kann man nur mit einer speziellen Führung besuchen. Der historische Bezirk Barbican mit seinen Kopfsteinpflaster-Straßen ist heute das Kneipenviertel von Plymouth und es lohnt sich, hier die ein oder andere Lokalität auszuprobieren. Einen wundervollen Blick über die ganze Bucht von Plymouth hat man von „The Hoe“ dem sehr markanten Hochplateau von Plymouth. Hier kann man bei schönem Wetter auf den Wiesen sitzen und den Ausblick genießen. Außerdem befindet sich hier Englands größtes Aquarium. Mal sehen, ob wir es noch schaffen, uns das anzuschauen.

Ab morgen beginnt für uns die Arbeit am Schiff. Zuerst kommt der Mast runter. Der nächste Beitrag wird also wieder eher um Technik und Neuerungen gehen. Bis dahin… hoe, hoe, hoe!

Dieser Beitrag wurde unter England, Länder, Reisen veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert